Die Kirschenzeit ist grade voll im Gange und daher habe ich mich mal einem DER Klassiker schlechthin angenommen: der Schwarzwälder Kirschtorte. Allerdings habe ich sie zu einem leichten Dessert dekonstruiert. Dazu habe ich sie in ihre einzelnen Komponenten zerlegt, diese variiert und neu zusammengestellt. Bedient habe ich mich dabei unter anderem einem modern-classic aus der Molekularküche, der Sphärifikation. Ich habe Sahne verkapselt zu Sahne-Sphären. Dazu jedoch später mehr. Zusätzlich gibt es unterschiedliche Texturen von der Kirsche und von der Schokolade:
Aus den Kirschen habe ich ein Kirsch-Gel hergestellt, das begleitet wird von einem transparenten, knusprigem Kirsch-Chip. Getoppt wird das Dessert von sous-vide gegarten Kirschen.
Die Schokolade findet sich wieder in einem super fluffigen Schoko-Sponge, feinem Schokoladen-Schnee und knackigen Schoko-Drops.
Sahne-Sphären
Vielleicht erstmal als Veranschaulichung, wie die Sphären den überhaupt aussehen (klick zum starten des Videos):
Die Idee dahinter ist, eine Flüssigkeit (oder Creme, Mousse etc.) in eine Form zu bringen und mit einer hauchdünnen Haut zu überziehen, die alles zusammenhält. Im Mund platzen sie dann auf und geben ihren Inhalt preis.
Wie funktioniert die Sphärifikation?
Mit Alginat & Kalziumlaktat die zusammen chemisch reagieren. Das hört sich jetzt schon ziemlich kompliziert an, ist es aber gar nicht. Alginat wird aus Algen gewonnen und ist dort für die Stabilität der Zellwände notwendig. Eigentlich genauso wie Pektin in Obst (Pektin ist wichtig für die Gelierung bei der Herstellung von Marmeladen. Manche Früchte haben mehr davon (Quitte bspw.) andere weniger – deswegen verwendet man Gelierzucker).
In Wasser gelöst bildet Alginat negativ geladene fadenförmige Moleküle. Kalziumlaktat, dass ist übrigens das Kalziumsalz welches in Milchsäure enthalten ist, dagegen ist ein zweifach positiv geladenes Molekül. Positiv + Negative Ladung zieht sich bekanntlich an, und so bilden beide bei Vermischung eine stabile Verbindung – unsere Hülle der Sphäre.
Ich habe also ein Bad aus Wasser & Alginat zubereitet und die Sahne mit etwas Kalziumlaktat angereichert. Gibt man nun die Sahne in das Bad, bildet sich sofort eine Hülle darum. Damit das ganze besser in Form bleibt, habe ich die Sahne in kleinen Halbkugelformen eingefroren und dann in dem Bad antauen lassen. Kleiner Tipp: Wer nicht extra so eine Form kaufen mag: Toffifees sind in einer sehr passenden Alternative verpackt 😉 Unten im Rezept, hab ich euch aber Bezugsquellen für Alginat, Laktat und die Form verlinkt, die ich verwende.
Das ist eigentlich schon der ganze Hintergrund wie das ganze Funktioniert. Vielleicht noch als Ergänzung: Es geht natürlich auch andersherum. Also das man mit Alginat angereicherte Flüssigkeiten in ein Laktatbad gibt. Das funktioniert in diesem Fall nur nicht, weil die Sahne ja von Natur aus Kalziumlaktat enthält und gelieren würde, wenn man das Alginat einrührt. Was man sich natürlich zu nutze machen kann, wenn man Milch andicken möchte.
Schoko-Sponge. Kuchen aus der Mikrowelle
Kuchen? Mikrowelle? Klar, das geht! Und zwar so richtig schnell. Das Rezept dafür habe ich aus dem Buch Modernist Cuisine * entnommen. Das Buch ist übrigens sehr zu empfehlen, wenn man viel Hintergrund Wissen zu Kochtechniken lesen möchte!
Der Trick an dem Kuchen ist, dass der Teig im Sahne-Siphon aufgeschäumt wird und dann in einem Pappbecher in die Mikro kommt. Dort wirkt schlagartig eine hohe Hitze auf den Teig ein. Die enthaltene Luft dehnt sich aus, der Kuchen geht sehr schnell auf. Gleichzeitig gart allerdings der Teig. In Konsequenz erhält man einen sehr grobporigen, lockeren Kuchenteig.
Damit auch genug Luft an den Teig kommt, werden die Pappbecher unten eingeschnitten. Stellt man die Becher zum auskühlen auf den Kopf, hilft die Schwerkraft noch dabei, dass sich der Teig festigt, ohne das die Luftblasen unter dem Teiggewicht zusammengedrückt werden.
Kirschgel
Zum Kirschgel ist gar nicht soviel zu sagen, ich empfehle einen Blick in die allgemeine Erklärung von Gelen werfen, die ich verfasst habe. Einzige Besonderheit ist, dass ich nur einen kleinen Teil des Kirschpüree mit dem Agar-Agar aufgekocht habe und erst dann den Rest untergezogen habe. Das habe ich aus dem Grund gemacht, weil ich den rohen Geschmack der Kirschen erhalten wollte. Selbstverständlich könnt ihr auch das gesamte Püree mit aufkochen.
Und der Schoko-Schnee und die Schoko-Drops?
Ok, ganz kurz 😉 Schoko-Drops oder Schoko-Splitter findet ihr in der Backabteilung im Supermarkt. Für den Schoko-Schnee reibt ihr einfach ein Stück Schokoladen mit der Microplane * über das Dessert. Die Flocken sind so fein, die schmelzen direkt beim Kontakt mit der Zunge.
Keine Angst, ich hab das Kirsch-Knusper und auch die Sous-Vide Kirschen nicht vergessen, aber der Beitrag wird sonst zu lang. Wie man solch Knusper herstellt erkläre ich in einem der nächsten Beiträge und für Infos zu Sous-Vide klickt ihr hier.
Kleiner Hinweis noch: Das ist übrigens der erste von zwei Beiträgen zum Steinobst-Blogevent von Christina die auf theapricotlady.com blogt.
Jetzt aber endlich zum Rezept:
Benötigte Geräte | |
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Kirsch-Gel | |
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Kirsch-Knusper | |
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Kirschen-Sous Vide | |
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Sahne-Sphären | |
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Schokokuchen | |
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Fertigstellen | |
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Ich wünsche euch viel Spaß beim nachkochen,
euer Fabian
Mehr Desserts? Wie wäre es mit:
- Variation einer Zitronen-Tarte
- French Toast/Armer Ritter
- Brioche French Toast | Braune-Butter Eiscreme | Texturen von Rosinen
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Nun schau sich mal einer an, in welch neuem Kleid so ein Klassiker auftreten und dabei gut aussehen kann!
Danke für den ausführlichen Bericht, war interessant zu verfolgen wie alles entstand!
LG
AnDi
Sehr gerne 😉 Ich versuche zumindest (hoffentlich klappts auch 🙂 ) immer Hintergrundwissen mit in den Artikel einzubauen. Eine reine Rezeptsammlung ist zwar nett, aber wenn man weiß warum was und wie funktioniert kann man viel leichter improvisieren und Ideen auf andere Rezepte transferieren.
Beste Grüße,
Fabian
Du machst das super!
Viele Grüße und einen schönen Sonntag
AnDi
Hi Fabian,
Ich bin jedes Mal aufs neue fasziniert von deinen Kreationen!
Deine dekonstruierte Schwarzwälderkirsch sieht aber enorm aufwändig aus, wie lang brauchst du denn die einzelnen Komponenten herzustellen und dann zu einem so tollen Teller zusammenzubauen?
Und noch etwas würde mich interessieren – wird der Schokokuchen durch das zugegebene Gas so fluffig wie ein vergleichbarer im Ofen gebackener? Jeden Mikrowellenkuchen, den ich bisher probiert habe, war mir viel zu gummi-artig…
Liebe Grüße
Jana
Hi Jana,
vielen Dank für deine Faszination 😉
Ich gebe dir vollkommen recht, das ist mit Sicherheit kein Rezept, was man mal eben so macht. Solls aber auch gar nicht sein. Alltags-Rezepte können andere viel besser als ich.
Für die SchwaKi würde ich jetzt mal so grob 60-90 Minuten an Zeit einplanen. So ganz genau kann ich das gar nicht sagen, weil ich oft mehrere Sachen parallel mache.
Zum Schokokuchen: Fluffig wird er schon, aber ich glaube ich weiß was du mit gummi-artig meinst. Ich würde behaupten meiner ist eher elastisch, aber nicht zäh. Die Konsistenz ist aber auch anders als zB bei nem Biskuitboden, der zwar auch weich und fluffig ist, aber auch bröselig. Schwer zu beschreiben 🙂
Viele Grüße,
Fabian
Hi Fabian,
sitze hier gerade mit offenem Mund… Was eine tolle Idee und ich finde auch eine toll harmonische Komposition von Texturen und Aromen (nicht umsonst ist die Schwarzwälder Kirschtorte auch nach wie vor so beliebt ;-)).
Großes Kompliment! Ich werd mal hier noch ein bisschen stöbern… tolle Ideen…
Liebe Grüße,
Eva
Hallo Eva,
freut mich das es Dir gefällt! Viel Spaß beim stöbern 🙂
Viele Grüße,
Fabian
Also ich kann dazu nur eines sagen:
WOW *.*
lG
Christina
Cool!
Pingback: Blog-Event CXXII – Steinobst – Zusammenfassung – 1x umrühren bitte aka kochtopf
Das sieht so toll und sehr lecker aus! Vielen Dank für das Rezept.
Liebe Grüße Monika
Pingback: Kirschsorbet | Schokoladenerde | Kirschwasser-Sahne | In die Küche. Fertig, los!
Hallo Fabian, vielen Dank für die tollen, ausgefallenen Rezepte. Ich würde gerne die Sahnesphären zubereiten. Wieviel Kalziumlaktat wird für die Sahne benötigt?
Im Voraus vielen Dank
Ursula Coerdt-Binke
Hallo Ursula,
ich kann Dir da leider keine genaue Angabe geben, weil ichs nicht abgewogen habe.
Aber es war nicht besonders viel und hat sich im Bereich von 1-2 Messerspitzen bewegt.
Es gibt allerdings auch noch eine andere Technik, die ebenfalls funktionieren sollte: https://www.youtube.com/watch?v=fAmExftMk3I
Viele Grüße,
Fabian
Hi, vielen Dank. Habe gerade alles an Zubehör bestellt. Dann werde ich experimentieren. Bin gespannt
Liebe Grüsse Ulla
Viel Spaß und Erfolg dabei! Kannst ja mal berichten, wie viel du dann gebraucht hast.